Neonicotinoide

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.......... für uns gelesen in Fischer & Teichwirt 06/18 Autor ist Manfred Braun.

Der Landwirt bemüht sich um einen wirksamen Schutz seiner Nutzpflanzen - nicht zuletzt gegen Schadinsekten. Hochwirksam sind die sog. Neonicotinoide. Diese werden über die Wurzeln (gebeizte Samen) oder durch Spritzen eingesetzt. Die "Neonics"gelangen in alle Teile der Pflanze und bekämpfen die Insekten als Kontakt- und Fraßgifte. Schwer betroffen von diesem Pflanzenschutz sind aber auch nützliche bis unentbehliche Insekten, vor allem Honig- und Wildbienen. Um das Bienensterben zu stoppen, hat die EU am 27. April  2018 beschlossen, dass drei Insektizide der Neonics-Gruppe nicht mehr eingesetzt werden dürfen.*

 

Die Unterwasserwelt nicht Ausblenden!

Der Bienenschutz ist zweifellos eine Notwendigkeit. Neonicotinoide gefährden offenbar aber auch andere Ökosysteme bzw. Tiergruppen. Sie können z. B. durch Einschwemmung in oberirdische Gewässer gelangen. Geschädigt werden dann Gewässerorganismen wie Kleinkrebse und Wasserinsekten die als Fischnahrung nicht zu ersetzen sind. Auf diese negative Auswirkung der Schädlingsbekämpfung ist das angesprochene Teilverbot einiger Neonics zum Bienenschutz nicht zugeschnitten. Ein effektiver Schutz des Lebens unter Wasser setzt u. a. voraus, dass die schädigenden Insektizide identifiziert und evtl. noch tragbare Gewässerbelastungen auf gesicherter Grundlage festgelegt werden. Mit diesen und weiteren Fragen befassen sich wissenschaftliche Studien und inzwischen auch politische Initiativen.** In aller kürze einige Erkenntnisse und Forderungen, insbesondere aus der zitierten BT-Drucksache.

 . Neonicotinoide sind besonders gut wasserlöslich. Daraus ergeben sich außerordentlich hohe Risiken für Gewässerorganismen wie Kleinkrebse und Insekten: Allseitiger Kontakt und ständige Aufnahme sind unvermeidlich. Das entspricht tendenziell für sehr niedrige Insektizid-Grenzwerte im Wasser.

. Es gibt Hiweise auf Einträge von Neonicotinoide in Gewässer aus Gewächshäusern, etwa über belastete Abwässer oder Dränagesysteme. Diese Belastungspfade müssen untersucht und ggf. abgeschnitten werden. Anwendungsverbote im Freiland sind dazu ersichtlich nicht geeignet.

Die Bundesregierung erkennt ausdrücklich an, dass die zur Insektenbekämpfung eingesetzten Neonicotinoide " auf Gewässerorganismen grundsätzlich stark toxisch" wirken. Die Risikobewertung im Zulassungsverfahren könne deshalb nicht auf Untersuchungen einzelner aquatischer Arten beruhen. Es brauche vielmehr "Tests mit Lebensgemeinschaften", wobei  die "Auswirkungen auf die empfindlichen Arten" maßgeblich seien. Anzumerken ist, dass die EU nur einige wenige Stoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide verbietet.

Es gibt einen "Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln". Im Rahmen dieses Planes soll die Belastung von Kleingewässern ind der Agrarlandschaft mit Pflanzenschutzmitteln-Rückständen ermittelt werden. Angestrebt wird ein umfassendes Fließgewässer-Monitoring. Die Bundesregierung fordert darüber hinaus ein Monitoring kleinerer Standgewässer. Denn diese sind "Hotspots der Biodiversität der Agrarlandschaft" und ihr Stoffhaushalt ist wesentlich für die Klimaentwicklung. Aus der so gewonnenen soliden Bestandsaufnahme sollen offenbar verbesserte Vorsorge- und Abwehrtmaßnahmen entwickelt werden.

Bienenschutz als ermutigender Anfang

Die ausgesprochenen Teilverbote von Neonicotinoiden zum Schutz der Bienenbestände sind zweifellos zu begrüßen. Sie sollten Gewässerschützer, Fischer und Teichwirte aber nicht verleiten, sich beruhigt zurückzulehnen. Selbst wenn die Verbote das Bienensterben beenden können, sind damit die gefährdeten Wasserorganismen noch keineswegs auf der "sicheren Seite". Das spezielle Schutzbedürfnis dieser Tiergruppen verlangt darauf ausgerichtete Untersuchungen und Maßnahmen. Nur auf diesem Weg kann den Fischbeständen in betroffenen Gewässern die Nahrungsgrundlage erhalten werden. Die Fischerei und ihre Organisationen sollten darauf bestehen, dass Politik und Verwaltung zielführende Forderungen zügig umsetzen.

 

* Berichte finden sich in allen Medien. Beispiel: Süddeutsche Zeitung Nr. 98 vom 28./29.04.2018

** Informativ mit vielen Bezugnahmen und Studien: Anfrage der BT-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Antwort der Bundesregierung. Drucksache 19/894 vom 23.02.2018.